Nur Sehnsucht, kein Wir

Der ganze Abend ist bedeutungsschwanger angefüllt
Und Deine Schuhe sehen gut aus neben meinen
Was wir uns auch erzählen ist von Phrasen gut umhüllt
Die ein wahres Wort nicht durchzulassen scheinen

Ich schau dich an, und du schaust weg, oder auch umgekehrt
Wir lachen laut, als wärn wir grade dreizehn
Nicht mehr lang, bis gleich mein letzter Zug nach Hause fährt
Länger zu bleiben würd mich auch nicht reizen

Denn wir haben unsre Zeit heute vielleicht nicht so vertrieben
Wie ich dachte, doch ich finde nicht den rechten Weg zu dir
Wir tragen das Wort Einsamkeit auf unsrer Stirn geschrieben
Zwischen uns gab es nur Sehnsucht und kein Wir

Mein Herz schlägt bis zum Hals und hat den Angriff mir befohlen
Doch die Seele schlägt Befehle im Moment noch locker aus
Denn ich steh auf Deinem Fußboden so wie auf heißen Kohlen
Doch die Wände sind für mich noch kein Zuhaus

Du schienst den ganzen Tag erwartungsvoll und doch so scheu
Du ahntest wohl, wie sehr wir uns belügen
Wie wir uns auf heute freuten, was wir auch hofften dabei –
Es war schon gut, dass wir darüber schwiegen

Nun fahr ich heim und frag mich, warum bin ich nicht geblieben
Warum weiß ich, dieser Abend war der einzige mit dir
Wir trugen das Wort Einsamkeit auf unsrer Stirn geschrieben
Zwischen uns gab es nur Sehnsucht und kein Wir

Mag sein, die Jahre ließen schon zu viele Träume sterben
Sie verziehen keinen Fehler in der Liebe, doch was soll’s
Mag sein, man kann da ab und zu schon mal verzweifelt werden
Nur verlier‘ trotz allem niemals deinen Stolz

Denn wir trugen das Wort Einsamkeit auf unsrer Stirn geschrieben
Zwischen uns gab es nur Sehnsucht und kein Wir

© 2013 Kai-Olaf Stehrenberg

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