Rasende Zeit

Ich ließ mir zu viel Zeit zum Wachsen und blieb viel zu klein
Ich bin der letzte meines Jahrgangs ohne Führerschein
Auch meine Wohnung könnte durchaus etwas größer sein
Doch wozu brauch ich hier schon Platz, ich lebe ja allein

Hab mich schon ziemlich früh gefragt, was wohl die Liebe ist
Und war am Ende doch als Allerletzter ungeküsst
Da waren andere schon verheiratet plus Haus und Kind
Und überhaupt, sag mir wo all die alten Freunde sind

Und die Zeit rast weiterhin an mir vorbei
Ich möcht so gerne mit, doch leider ist kein Platz mehr frei
Wie gern nähme ich mein Leben selber in die Hand
Doch alles was ich will, ist leider schon vorbeigerannt

Wie oft dacht‘ ich mir als Teenie noch, ich schaff das bald
Doch für das meiste davon bin ich heut schon fast zu alt
Man merkt halt selber kaum, wie schnell die ganze Zeit vergeht
Und plötzlich rufen alle: Dafür kommst du viel zu spät

Ich meine, schaut euch doch das Fernsehen und die Jugend an
Für die gilt man mit 25 schon als alter Mann
Ich fühl mich in manchen Cafés schon fast als Unikat
Und von der Wand lacht dreist schon das Ü30-Party-Plakat

Und die Zeit rast weiterhin an mir vorbei
Ich möcht so gerne mit, doch leider ist kein Platz mehr frei
Wie gern nähme ich mein Leben selber in die Hand
Doch alles was ich will, ist leider schon vorbeigerannt

Und die Erinnerungen leben wie im Tagebuch
Dabei weiß ich nicht mal genau, was ich dort grade such
Denn was ich seh kommt mir so vor, als ob’s erst gestern wär
Dabei ist so vieles davon schon gut zehn Jahre her

Da kann’s passieren, dass der Blick schon mal zum Spiegel weicht
Und ich mich frag: Was hast du eigentlich bisher erreicht
Ich komm mir lang noch nicht so vor, als sei hier Endstation
Aber der nächste Überholer winkt und lächelt schon

Und die Zeit rast weiterhin an mir vorbei
Ich möcht so gerne mit, doch leider ist kein Platz mehr frei
Wie gern nähme ich mein Leben selber in die Hand
Doch alles was ich will, ist leider schon vorbeigerannt

Kann es sein, dass du jetzt denkst das hast du oft erlebt
Dass dein verzweifelter Blick am großen Zeiger klebt
Und wenn du glaubst, dass wir die Lösung sind, komm endlich her
Und du wirst sehn, wir hören das Ticken dieser Uhr nicht mehr

©  2005 Kai-Olaf Stehrenberg

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